Jugendstrafrecht
Unter Jugendkriminalität versteht man in Deutschland die Kriminalität von Jugendlichen und Heranwachsenden, also der 14-20-Jährigen. Davon unterscheidet man die die Kinderkriminalität , d. h. die Delikte, die von Kindern unter 14 Jahre begangen werden. Das Jugendstrafrecht ist somit ein Sonderrecht für Straftaten Jugendlicher und Heranwachsender.
Zwar dient das Jugendstrafrecht ebenso wie das allgemeine Strafrecht dem Rechtsgüterschutz und der Einhaltung der Gesetze. Darüber hinaus wird das Jugendstrafrecht jedoch vom Erziehungsgedanken bestimmt. Die Notwendigkeit und die Möglichkeit einer solchen „Erziehung“ müssen im Zusammenhang mit den besonderen Erscheinungsformen der Jugendkriminalität und den besonderen Problemlagen junger Menschen gesehen werden. Für den Verteidiger in Jugendstrafverfahren ist deshalb ein Einblick in Umfang und Bedeutung der Jugendkriminalität unverzichtbar.
Kernstück des Jugendstrafrechtes ist das eigene System der Rechtsfolgen. Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) enthält ein eigenes abgestuftes Sanktionensystem, das aus Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln und Jugendstrafe besteht. Ein Verteidiger darf in Jugendverfahren nicht allein die Abwehr des staatlichen Strafanspruches im Auge haben, sondern muss sich auch mit den möglichen strafrechtlichen Folgen einer Verurteilung für die Zukunft des Jugendlichen beschäftigen. Er braucht hierfür eine umfassende Kenntnis der möglichen Rechtsfolgen sowie deren rechtlicher Ausgestaltung und Zusammenspiel.
Zwar unterscheidet sich die eigentliche Verteidigertätigkeit in Jugendstrafsachen grundsätzlich nicht von der Aufgabe des Strafverteidigers vor den allgemeinen Strafgerichten. Wie üblich gilt es, die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens zu wahren und sämtliche Entlastungsgesichtspunkte vorzutragen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Entwicklung und Lebensplanung des Jugendlichen noch nicht abgeschlossen ist. Besonderheiten bei der Mandaterteilung bestehen, besondere Beteiligte wie Erziehungsberechtigte und Jugendgerichtshilfe müssen in die Überlegung und Strategien der Verteidigung eingebunden werden und nicht zuletzt, dass auch das Strafverfahren in Jugendsachen selbst wichtige Abweichungen zum allgemeinen Strafverfahren aufweist.
(Quelle: Böttcher, Reinhard / Müller, Eckkhard in Münchner Anwaltshandbuch, Strafverteidigung, 2006)