Sexualdelikte
- Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen, § 174 StGB
- Sexueller Missbrauch von Kindern, § 176 StGB
- Schwerer Sexueller Missbrauch von Kindern, § 176a StGB
- Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge, § 176 b StGB
- Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung, § 177 StGB
- Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge, § 178 StGB
- Zuhälterei, § 181a StGB
Es gibt kaum einen Bereich von Straftaten, der in der Öffentlichkeit solch große Emotionen hervorruft, wie derjenige der Sexualdelikte. Der Kampf um die Rechte des Beschuldigten ist – mehr als in anderen Verfahren – nicht nur gegen die staatlichen Verfolgungsorganen, sondern zusätzlich gegen die öffentliche Meinung zu führen. Hierbei erhält die öffentliche Diskussion eine Eigendynamik durch eine nicht selten einseitige, an Eigeninteresse der Medien orientierte Berichterstattung. Diese orientiert sich regelmäßig auf spektakuläre Einzelfälle und erzeugen dadurch ein verzerrtes Bild der Kriminalitätslage, welches die Grundlage für eine nicht gerechtfertigte Kriminalitätsfurcht bildet.
Entgegen der ständigen Berichterstattung sind die den heutigen Sexualdelikten zu Grunde liegenden Handlungen kein neues Phänomen. Sexuelle Gewalt gegen Erwachsense und Kinder beiderlei Geschlechts war in den vergangenen Jahrhunderten weit verbreitet. Die „Knabenliebe“ in der Antike und die Herrenknechte im Mittelalter sind hierfür nur zwei Beispiele. Sexuelle Gewalt hat in den letzten Jahrhunderten – jedenfalls in den westlichen Industrienationen sogar abgenommen. In Deutschland ist die Entwicklung der registrierten Sexualstraftaten seit den 1960er-Jahren im Vergleich zur Entwicklung der Kriminalität insgesamt relativ stabil. Ein in jüngerer Vergangenheit registrierter leichter Anstieg wird dabei nicht auf die tatsächliche Steigerung der Kriminalität in diesem Bereich, sondern auf eine gesteigerte Sensibilität gegenüber Sexualstraftätern und eine dadurch bedingte erhöhte Anzeigebereitschaft zurückgeführt.
Die Strafverteidigung auf dem Gebiet der Sexdualdelikte findet vor dem Hintergrund einer hohen Emotionalisierung statt. Im Bereich eines immer noch tabuisierten Themas oder bei kindlichen Opfern sieht sich nicht nur der Täter, sondern allzu oft auch sein Verteidiger einem Spannungsfeld unterschiedlichster Emotionen ausgesetzt. Dem kann der Verteidiger nur durch hohe Sachkunde und emotionaler Distanz entgegentreten, um für den Angeklagten auch in diesem Deliktsbereich die Prinzipien des Rechtsstaates erkämpfen zu können.
(Quelle: Endriß, Rainer / Höfer, Sven / Schroth, Marvin in Münchner Anwaltshandbuch, Strafverteidigung, 2006)