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Zugangszeitpunkt einer Kündigung bei Einwurf in den Briefkasten

Wenn die Kündigung zu spät eingeworfen wird.

Wenn die Kündigung zu spät eingeworfen wird

Der Zugangszeitpunkt einer Kündigung spielt hinsichtlich vieler Fristen (Kündigungsfrist, Klagefrist, Ablauf der Probezeit, Ausschlussfrist nach § 626 Abs. 2 BGB etc.) eine entscheidende Rolle. Wird die Kündigung durch einen Boten zugestellt, stellt sich die Frage, bis wann der Bote die Kündigung im Briefkasten eingeworfen haben sollte. Wird die Kündigung zu spät eingeworfen, so ist die Zustellung erst als am nächsten Werktag anzusehen. 

Doch wann gilt eine Kündigung, die in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen wird, als noch rechtzeitig zugegangen? 

Grundsätzlich gilt, dass eine Kündigung in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangen muss und für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von der Kündigung Kenntnis zu nehmen. Auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers kommt es nicht an. Wann aber üblicher Weise mit der Leerung des Briefkasten durch einen Kündigungsempfänger zu rechnen sei, ist bislang umstritten. 

Bundesarbeitsgericht und Bundesgerichtshof haben bislang die Annahme einer Verkehrsanschauung, wonach bei Hausbriefkästen im Allgemeinen mit einer Leerung unmittelbar nach Abschluss der üblichen Postzustellzeiten zu rechnen sei, die allerdings stark variieren können, nicht beanstandet. 

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG) hatte nun mit Urteil vom 14.12.2018 (9 Sa 69/18) entschieden, dass eine Kündigung im französisch-deutschen Grenzgebiet noch als an dem Tag zugegangen gilt, an dem sie bis 17:00 Uhr in den Hausbriefkasten des Empfängers eingeworfen wird. Im Wesentlichen hat das Gericht seine Entscheidung damit begründet, dass es nicht mehr auf den Zeitpunkt der örtlichen Postzustellung ankomme. Ein solcher Zeitpunkt lasse sich nicht mehr einheitlich feststellen. Auch ginge die Verkehrsanschauung davon aus, dass der Empfänger zeitnah nach der Postzustellung in seinen Hausbriefkasten schaue. Da berufstätige Menschen regelmäßig erst nach der Rückkehr von der Arbeit in Ihren Briefkasten schauen, entspreche eine Verkehrsanschauung, die von einer regelmäßigen Kenntnisnahme nach erfolgter Postzustellung ausgeht, nicht mehr der Wirklichkeit.  

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 22.8.2019, 2 AZR 111/19) hat das Urteil des LAG Baden-Württemberg aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das LAG zurückverwiesen. Das LAG hätte zwar die grundsätzliche Möglichkeit, einer anderen Verkehrsauffassung zu folgen. Allerdings hätte das LAG wichtige Aspekte bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt. So sei beispielsweise nicht nachvollziehbar, warum nur auf die arbeitende Bevölkerung abzustellen sei. Weiterhin gehe das LAG von einem in Vollzeit Beschäftigten aus, obgleich die Anzahl der Vollzeitbeschäftigten im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung eher gering ist. 

Nun wird das LAG sich mit der Frage erneut beschäftigen müssen und klären, wann der Durchschnittsbürger seinen Briefkasten leert. 

Fazit:

Sofern eine persönliche Übergabe unter Zeugen oder gegen Empfangsquittung nicht möglich ist, muss die Kündigung übermittelt werden. Da die Beweislast für den Zugang der Kündigung beim Erklärenden liegt, ist eine Zustellung per Boten, der übrigens auch den Inhalt des eingeworfenen Schreibens kennen sollte, grundsätzlich zu empfehlen. Allerdings sollte die Zustellung möglichst vormittags oder vor 14:00 Uhr erfolgen. Die Anfertigung eines Übergabeprotokolls ist ebenfalls zu ratsam. 

Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung bleibt abzuwarten. Derzeit kann  jedenfalls keine konkrete Zeit als spätesten Zeitpunkt festgehalten werden. 

Sofern die Zustellung übrigens durch die Post per Einschreiben erfolgen soll, sollte ein Einwurfeinschreiben gewählt werden.